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Posten seit 2018 nicht regulär besetzt Nach sechs Jahren Hängepartie - Landtag wählt Rost zur neuen Datenschutzbeauftragten

Seit 2018 scheiterten alle Kandidaten bei Wahlen: Am Mittwoch hat Sachsen-Anhalts Landtag Maria Christina Rost zur neuen Datenschutzbeauftragten gewählt. Bei der Koalition ist die Erleichterung groß.

Von Jan Schumann Aktualisiert: 24.04.2024, 16:02
Frisch gewählt: Maria Christina Rost am Mittwoch im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Frisch gewählt: Maria Christina Rost am Mittwoch im Landtag von Sachsen-Anhalt. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/picture alliance/dpa)

Magdeburg/MZ - Das Symbol der bisherigen Pleitenserie steht jetzt am Abgeordnetenplatz von Cornelia Lüddemann. Die Grünen-Fraktionschefin hat am Dienstagmorgen eine ausgewachsene Orchidee in den Landtag getragen – als Antrittsgeschenk für Sachsen-Anhalts oberste Datenschützerin, die heute gewählt werden soll.

Die Älteren wissen: Eigentlich sollte genau diese Pflanze schon vor sechs Jahren verschenkt werden. Doch der Grünen-Kandidat Nils Leopold fiel damals völlig überraschend in geheimer Wahl durch. Es war der Start einer jahrelangen Pleitenserie für Sachsen-Anhalts Landtag, die bis zu diesem Dienstagmorgen anhält.

Drei taugliche Kandidaten hat das Parlament seit 2018 verschlissen, insgesamt acht Wahlgänge scheiterten. Das ist die Ausgangslage im Landtag. Jetzt sitzt eine Kandidatin aus Hessen auf der Tribüne: Maria Christina Rost.

Rost: "Ich bedanke mich für das Vertrauen"

Wieder ist die Wahl an diesem Morgen geheim, wieder dauert die Auszählung der Stimmen quälend lang. Als Parlamentspräsident Gunnar Schellenberg (CDU) dann endlich das Wahlergebnis bekannt gibt, lockern sich die angespannten Gesichter bei CDU, SPD und FDP. 66 von 94 Abgeordneten haben im ersten Wahlgang für Rost gestimmt – weiter kommt Schellenberger erstmal nicht, weil lautes Klopfen auf die Landtagsbänke ihn unterbricht. Rost ist gewählt. Von der Tribüne aus sagt sie in den Saal: „Sehr geehrter Herr Präsident, ich nehme die Wahl an und bedanke mich für das Vertrauen.“

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Damit endet eine Pleitenserie, die über die Jahre immer mehr bundesweite Aufmerksamkeit erregt hatte. Eigentlich gilt die Wahl von Landesdatenschutzbeauftragten lediglich als Formsache in den Bundesländern: Diese Experten wachen darüber, dass Behörden, Unternehmen und andere Verbände Datenschutzregeln einhalten, als unabhängige Kritiker prüfen sie auch Gesetzentwürfe.

Warum scheiterten frühere Wahlen im Landtag? Das wurde nie geklärt

Allerdings war die Wahl hochgelobter Kandidaten in Sachsen-Anhalt regelmäßig an fehlenden Mehrheiten im Landtag gescheitert. Offenkundig, weil einzelne Koalitionspolitiker stets die Stimmen verweigert hatten. Wer und warum: Das konnte im Nachgang dieser geheimen Wahlen nie aufgeklärt werden.

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Doch jetzt übernimmt Rost den Posten. Die 49-Jährige war ein Personalvorschlag der CDU-Landtagsfraktion. Bisher arbeitete Rost bei der hessischen Datenschutzbehörde, verantwortete die Stabstellen Justiziariat und Öffentlichkeitsarbeit. Sie bringt gut zehn Jahre Datenschutz-Erfahrung mit.

Frisch gewählt steht die Hessin, deren Mutter aus Halle stammt, jetzt am Eingang des Parlaments. „Das ist ein gutes Gefühl, ein sehr beruhigendes Gefühl“, sagt Rost über ihr Wahlergebnis. Auch Oppositionspolitiker haben die Juristin gewählt: 66 Ja-Stimmen, das sind zehn Stimmen mehr als die Koalition hat.

Rost will Neustart für Datenschutz in Sachsen-Anhalt

Rost will einen „Neustart“ für den Datenschutz im Land schaffen: Beginnen soll das damit, dass ihre künftige Behörde wieder regelmäßig Jahresberichte veröffentlicht. Die Expertin kündigt auch an, auf Verbände, Unternehmen und Bildungseinrichtungen zugehen zu wollen. „Frühzeitige Bildung im Datenschutz ist ein ganz wichtiger Punkt, um vielleicht auch den späteren Umgang damit zu erleichtern“, glaubt die neue Behördenchefin.

Mit Rosts Wahl kann nicht nur die Spitze der Landesdatenschutzbehörde wieder regulär besetzt werden – das Erfolgserlebnis dürfte auch neue Sicherheit in die Koalition aus CDU, SPD und FDP bringen. CDU-Fraktionschef Guido Heuer klatscht am Mittwoch Parteikollegen ab wie nach einem gewonnenen Fußballspiel: Als im vergangenen Sommer sein damaliger Wunschkandidat – der hallesche Anwalt Daniel Neugebauer – in drei Wahlgängen durchfiel, war es auch Heuers Niederlage.

Damals stand seine Durchsetzungsfähigkeit in Frage. Als Heuer seinerzeit betonte, „in der Koalition gibt es keine Krise“, klang das nach Durchhalteparolen. Am Mittwoch gehört Heuer nun zu den ersten, die zu Rost auf die Tribüne eilen, um zur Wahl zu gratulieren. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) beeilt sich mit seinen Glückwünschen.

Rosts Amtsvorgänger war im Ärger gegangen

Einer, der all das am Mittwoch beobachtet, galt selbst einst als „ewiger Datenschützer“. Harald von Bose war 2018 nur deshalb nicht in den Ruhestand gewechselt, weil der Landtag an der Wahl seines Nachfolgers gescheitert war. 2021 ging er dann aber doch – im Ärger über die jahrelange Hängepartie.

Und noch jemand schaut am Mittwoch von der Tribüne aus zu: Albert Cohaus leitet seit von Boses Abgang Sachsen-Anhalts Datenschutzbehörde als Interimschef. 2022 wollte er offiziell für das Amt gewählt werden – und fiel krachend durch.