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Am Bauerngraben überrascht Teilnehmer bei der Vogelstimmenwanderung im Südharz wurden für das zeitige Aufstehen belohnt

Bei der Vogelstimmenwanderung im Südharz musste man früh aufstehen. Aber das hat sich für die Teilnehmer gelohnt. Sie sehen am episodischen See den schnellsten Vogel der Welt.

Von Steffi Rohland Aktualisiert: 10.04.2024, 14:47
Der Ornithologe Uwe Kramer (re.) zeigt den Exkursionsteilnehmern, welche Vögel gerade in den Büschen und auf Bäumen singen.
Der Ornithologe Uwe Kramer (re.) zeigt den Exkursionsteilnehmern, welche Vögel gerade in den Büschen und auf Bäumen singen. ( Foto: S. Rohland)

Roßla/MZ. - „Sing mal ein bisschen schöner“, fordert Uwe Kramer den Buchfink auf, der irgendwo im Wipfel des Baumes sitzt und den Regenruf ertönen lässt. Der Ornithologe aus Quedlinburg war wie jedes Jahr im Frühjahr in den Südharz gekommen, um Interessierten das Frühjahrskonzert der Vögel zu präsentieren und die Solisten vorzustellen.

Kohlmeise, Spechte und viele mehr zu hören

Da sind neben den ganzjährig da bleibenden Vögeln wie Kohlmeise, Blaumeise und Spechte auch schon viele Vögel zu hören, die aus dem Süden in das heimische Brutgebiet zurückgekehrt sind. Mit lautstarkem Gesang zeigen sie den Vögeln der gleichen Art: Das ist mein Revier. Andererseits locken Zaunkönig und Rotkehlchen auch den Partner für die kommende Brutsaison an.

Zehn Männer und Frauen folgen Uwe Kramer auf dem Fuße und blicken jeweils in die Richtung, in die er zeigt, wo er eine neue Vogelstimme hört. Durch das milde Frühlingswetter sind auch schon wieder viele Vögel wie die Goldammer anzutreffen. Auch der Zilpzalp lässt seinen Ruf ertönen.

„Der Zilpzalp gehört zu den Vögeln, die wie der Kuckuck seinen Namen rufen“, erklärt Kramer. Allerdings gehört ein wenig Übung dazu, dies auch zu erkennen. Uwe Kramer hat ein geschultes Gehör. Seit den 1970-er Jahren beschäftigt er sich mit der Vogelkunde. Durch Exkursionen und die Mitgliedschaften in ornithologischen Vereinen, wie dem Heineanum hat, hat er ein großes Wissen gesammelt, das er gern weitergibt.

Buchfink kündigt Regen an

Wie den eben gehörten „Regenruf“ des Buchfinks. „Unsere Altvorderen haben die Natur sehr gut beobachtet“, sagt er. „Deshalb können sie sich darauf verlassen, dass es in den nächsten Tagen regnen wird, wenn der Ruf erklingt.“

Über die vorbeifliegenden Kolkraben weiß er, dass diese Vögel einst am Rande des Aussterbens standen. „1946 gab es nur noch vier Brutpaare bei Wismar“, sagt er. Erst seit den 1970-er Jahren geht der Bestand wieder aufwärts, und die „Göttervögel“ konnten von der Roten Liste genommen werden.

Durch seine Ausführungen und immer neue Vogelstimmen wie die der Haubenmeise, Sumpfmeise und der Amsel, ließen den stark aufgeweichten Weg zum Bauerngraben ganz leicht erscheinen.

Ein Wanderfalke
Ein Wanderfalke
( Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Dort wurden die Wanderer von lautstarkem Geschrei der Wanderfalken empfangen. Aber dies galt offensichtlich nicht den frühen Besuchern des episodischen Sees. Das Pärchen war wohl mit der Familienplanung beschäftigt. So rückte auch der immer noch randvolle Bauerngraben selbst für Uwe Kramer in den Hintergrund.

Bauerngraben gut mit Wasser gefüllt

Wie die anderen Teilnehmer suchte er mit dem Fernglas die Steilwand des Bauerngrabens ab, bis er die seltenen Greifvögel gemeinsam wegfliegen sah. „Es ist eindeutig ein Pärchen“, stellte er fest. „Der Terzel, das Männchen, ist kleiner als das Weibchen.“

Schon seit mehreren Jahren versuchen die Tiere hier ihre Jungen aufzuziehen. Durch die Plünderungen des Horstes durch Waschbären gelingt das mal mehr, mal weniger. „Der Wanderfalke ist der schnellste Vogel der Welt“, erklärte Kramer. „Bei der Jagd erreicht er eine Geschwindigkeit von über 300 Kilometer pro Stunde.“

Somit hatte sich auch für Dagmar und Rüdiger Heilek aus Annarode die Anfahrt gelohnt. „Wir waren noch nie hier“, sagte Dagmar Heilek und belohnte sich zusätzlich mit dem Stempel der Harzer Wandernadel. „Man muss gar nicht weit wegfahren“, sagt sie. „Hier gibt es auch sehr viel Interessantes zu entdecken.“

Dass der Bauerngraben in diesem Jahr so wassergefüllt ist, hat Uwe Kramer auch während seiner zwölfjährigen Tätigkeit in der Verwaltung des Biosphärenreservates in Roßla nicht erlebt. Wie lange sich der Wasserstand noch so halten wird, ist nicht vorhersehbar. „Bei der nächsten Wanderung kann er komplett leer sein“, sagt er.