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Familiendrama in Helbra Familiendrama in Helbra: Polizei wollte den eskalierenden Einsatz selbst abbrechen

Von Hagen Eichler 10.03.2018, 08:00
Vor diesem Tor spielte sich das Drama ab.
Vor diesem Tor spielte sich das Drama ab. Maik Schumann

Halle (Saale)/Helbra - Der umstrittene Polizeieinsatz von Helbra (Mansfeld-Südharz) in einem Sorgerechtsstreit wird zum Fall für die Politik. Am Montag hatten Beamte ein schreiendes Mädchen aus einer Grundschule getragen, um es der Mutter zu übergeben. Der Vater hatte den Streit um das Aufenthaltsrecht verloren. Der Fall wird nun zusätzlich brisant, weil die Beamten den eskalierenden Einsatz nach MZ-Informationen offenbar selbst abbrechen wollten. Der Gerichtsvollzieher soll das aber abgelehnt haben.

Der Vater des Mädchens filmte den Einsatz

Die Polizisten hatten zuerst im Schulgebäude versucht, die Achtjährige zum Mitkommen zu bewegen. Als das nicht gelang, soll die Einsatzführungsstelle der Polizei dem Jugendamt und dem Gerichtsvollzieher empfohlen haben, sich zurückzuziehen. Diese hätten die Bedenken jedoch nicht geteilt. Landesjustizministerin Anne-Marie Keding (CDU) weist Kritik am Vorgehen der Behörden zurück. „Das sind fürchterliche Bilder“, sagte sie mit Blick auf ein Video, das den Einsatz dokumentiert. „Man kann den Fall aber nicht allein anhand dieser Bilder beurteilen.“ Von Bedenken der Polizei habe sie keine Kenntnis, sagte sie am Freitagnachmittag. Der Gerichtsvollzieher war für die MZ nicht zu erreichen.

Bildungsminister Marco Tullner (CDU) hat das Vorgehen der Behörden „extrem unsensibel“ genannt. Ein Schulhof sei kein geeigneter Ort, um solche Konflikte auszutragen, sagte er. Keding widerspricht: „Wir kennen die Umstände nicht und wissen daher auch nicht, welche Alternativen zur Verfügung standen.“ Die Justizministerin wirft ihrerseits dem Vater des Kindes die Manipulation der Öffentlichkeit vor: „Das Video wirkt auf mich wie eine Inszenierung.“

Familiendrama in Helbra: Hat sich Vater Urteil widersetzt?

Offenkundig widersetze sich der Mann einem Gerichtsurteil. „Das kann man nicht hinnehmen.“ Familienrichter hätten aufgrund psychologischer Gutachten entschieden, dass das Kind bei der Mutter am besten aufgehoben sei. „So eine Entscheidung muss dann auch durchgesetzt werden.“

Das Amtsgericht Eisleben hat den Gerichtsvollzieher am 4. Januar mit der „Wegnahme“ des Kindes beauftragt. Laut dem Beschluss, der der MZ vorliegt, sollte das „notfalls mit Gewalt“ passieren. Das Oberlandesgericht Naumburg hat eine Rechtsbeschwerde des Vaters abgelehnt.

Polizeieinsatz soll nun im Landtag aufgearbeitet werden

Der Polizeieinsatz soll nun im Landtag aufgearbeitet werden. Die Justizpolitikerin Eva von Angern (Linke) kündigte an, den Fall im Rechtsausschuss zu thematisieren. Sie will klären, warum das Jugendamt nicht Einhalt geboten hat. „Hier wurde ein Kind in einer Partnerschaftsstreitigkeit als Waffe missbraucht. Ich verstehe nicht, warum die Behörde das mitgemacht hat.“

Die CDU im Landtag ist offen für eine Untersuchung des Falles, warnt aber vor voreiligen Schuldzuweisungen. „Ich kann hier kein Behördenversagen erkennen“, sagte der Rechtspolitiker Jens Kolze. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Hagen Kohl (AfD), kritisierte den Kindsvater: „Das Video zeigt, dass er die Stimmung selbst angeheizt hat.“

Unterstützung für Bildungsminister Tullner kommt von den Grünen. Auch sie halten Schulen und Kitas für ungeeignet, um Sorgerechts-Entscheidungen zu vollstrecken. „In diesen öffentlich verantworteten Schutzräumen muss ein Kind sich sicher fühlen“, sagte Fraktionsvorsitzende Cornelia Lüddemann. Zudem würden auch andere Kinder traumatisiert. „Das ist nicht hinnehmbar.“ (mz)