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Neues Album: "Man of the Woods" Neues Album: "Man of the Woods": Justin Timberlake auf neuen Pfaden

08.02.2018, 09:00
Der Mann aus den Wäldern: Justin Timberlake mag neuerdings Wiesen und Pferde.  
Der Mann aus den Wäldern: Justin Timberlake mag neuerdings Wiesen und Pferde.   sonymusic

Halle (Saale) - Justin Timberlake ist ein Mann aus den Wäldern. So heißt sein neues Album. Klingt komisch, nicht wahr? Und was will er uns damit eigentlich sagen? Die Antwort ist ganz einfach: Veränderung. Timberlakes Werk „Man of the Woods“ ist eine Brechung des Images als schillernder Popstar im Maßanzug. Justin trägt jetzt Holzfällerhemd, Fransenlederjacke und ein rotes Halstuch. Passende Töne hat sich der Popstar dazu ausgedacht,

Der neue Sound der Südstaaten sei das ausgegebene Ziel. Dazu braucht es neue musikalische Wege. Das ist wohl Ausdruck der aktuellen Lebenswirklichkeit des 37-jährigen Familienvaters. Gewidmet sei „Man of the Woods“ seinem zweijährigen Sohn Silas, dessen Name genau das bedeute, lässt der Sänger über Instagram wissen. Silas ist eine Variation des Namens Silvanus, der der altrömische Gott des Waldes, der Felder und Herden ist. Die Reise geht weg von den vibrierenden Tanzflächen, hin zu den Maisfeldern, zu Lagerfeuern, galoppierenden Pferden und schneebedeckten Bergen. Dahin, wo Justin herstammt - aus Memphis, Tennessee.

Timberlakes Akt der Selbstverwirklichung

Wer nun Angst vor Oldschool-Country hat, sei beruhigt: „Man of the Woods“ bietet noch genügend tanzbare Beats. Der Musiker veröffentlicht sein bisher persönlichstes Album. Diesen Akt der Selbstverwirklichung muss man sich natürlich leisten können. Emanzipiert hat sich das Multitalent vom „Micky Mouse Club“, über die erfolgreiche Boyband „*NSYNC“ hin zu einem der populärsten Solokünstler der Gegenwart. Und der „Prince of Pop“ ist ein begnadeter Entertainer, der dazu noch unglaublich gut tanzen kann.

Die Solo-Karriere des 1981 geborenen Chorleiter-Sohns nahm in den 2000er Jahren an Fahrt auf. Bestseller wurden die von R’n’B und Soul geprägten Soloalben „Justified“ und „FutureSex/LoveSounds“. Immer wieder markant: Justins Falsett-Gesang. Michael Jackson, Prince, Stevie Wonder und der unweit von Memphis geborene Elvis Presley zählen zu seinen Idolen.

An Songs wie „Señorita“, „Like I Love You“ oder „SexyBack“ kam kaum ein Clubgänger vorbei - und wollte es auch gar nicht. Nebenbei versuchte er sich als Schauspieler, etwa in „The Social Network“ oder aktuell in Woody Allens „Wonder Wheel“. Letzteres Projekt brachte ihm Kritik ein, nachdem Regisseur Allen sich erneut Missbrauchsvorwürfen ausgesetzt sah.

Timberlakes neues Album ist vielseitig, aber sicher nicht jedermanns Geschmack. Der Sound bleibt zeitgemäß, voller Loops, Samples und digitalen Effekten. Um seine Anhänger nicht zu erschrecken, veröffentlichte Timberlake mit der Vorab-Single „Filthy“ ein Stück, das die funkigen Wurzeln seiner Solo-Karriere nicht verleugnet. Doch diese Hörgewohnheit bricht das Album mit Stücken anderer Genres, die Akustikgitarren, Pianos sowie Streicher begleiten.

Justin im Duett mit Chris Stapleton

Zwischen den vertraut groovenden Beats - etwa in „Sauce“, tauchen einige Country-Einflüsse auf: eine Mundharmonika in „Midnight Summer Jam“. Geigen in „Livin' Off The Land“. Und sanft wird es im Wiegenlied „Flannel“. Die Melodie des Stücks entstammt H.S. Thompsons 1857 komponierter Ballade „Annie Lisle“. Im Duett mit Chris Stapleton schnallt sich Justin Timberlake im Video zu „Say Something“ eine riesige Westerngitarre um. Der Song entwickelt mithilfe eines Chors eine besonders kraftvolle Atmosphäre: „Sometimes the greatest way to say something, is to say nothing at all“ (Manchmal ist der beste Weg, etwas zu sagen, einfach nichts zu sagen.) „Say Something“ präsentiert exemplarisch einen neuen Pfad auf Justin Timberlakes Weg: handgemachte Musik.

Trotz vieler Talente des Popstars gehört Songtexte schreiben gewiss nicht dazu. Das ist eine Schwäche des Albums, dessen Lyrik teilweise abgrundtief banal ist.

Timberlakes künstlerisches Experiment gelingt in Teilen, weil neue Facetten zutage treten. Imagepflege und -wechsel gehören zum Markenzeichen vieler Superstars. Und wer im musikalischen Mainstream unterwegs ist, braucht Argumente, um relevant zu bleiben. Dass Justin Timberlake seinen Imagewandel selbst nicht ganz so ernst nimmt, wird im Video des Titelsong deutlich. Der Clip erinnert an die US-

Comedy-Show „Saturday Night Live“ und reitet auf sämtlichen Klischees des Südstaaten-Lebens vergnüglich herum. Selbstironie ist eine Stärke im amerikanischen Showbusiness und damit hat der Popstar immer eine Fahrkarte zurück parat.  (mz)