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Nahost Nahost: Scharon: Grenzzaun hat großen Schaden angerichtet

19.01.2004, 17:57
Sperranlage in Israel (Foto: dpa)
Sperranlage in Israel (Foto: dpa) EPA

Jerusalem/Ramallah/dpa. - Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat erstmals eingeräumt, dass die international umstrittene Sperranlage zum Westjordanland den Palästinensern großen Schaden zufügt. Man müsse daher möglicherweise über einen anderen Verlauf der Anlage nachdenken, sagte Scharon laut einer in der Nacht zum Montag veröffentlichten Mitteilung seines Büros. Die Erfahrungen mit dem Projekt in den vergangenen Monaten seien «gut und schlecht» gewesen. Die Sperranlage habe zwar erfolgreich Terroranschläge in Israel verhindert, sei aber «nicht erfolgreich mit Blick auf den Schaden, den sie im Alltag der Palästinenser anrichtet».

Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia bekräftigte am Montag, es werde keinen Frieden geben, solange Israel den Bau der Sperranlage fortsetze. Er sprach vor Journalisten in Ramallah von einer «Mauer der Annexion und Expansion, die wir nicht akzeptieren können».

Das israelische Kabinett hatte am Sonntag über einen möglichen neuen Verlauf der Sperranlage gesprochen, um sich auf ein Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag vorzubereiten. Justizexperten hatten ihrer Regierung erklärt, der bisher geplante Verlauf sei schwer zu rechtfertigen. Palästinensisches Land werde enteignet, Dörfer würden umschlossen und Bauern von ihren Feldern abgeschnitten. Zur Beratung stand eine von Justizminister Josef Lapid vorgelegte Alternativroute, die weniger tief im Westjordanland verläuft und zudem 200 Kilometer kürzer ist. Israel will vor dem internationalen Gericht, das seine Beratungen im kommenden Monat aufnehmen will, aber auf ein Recht zum Selbstschutz pochen.

Unterdessen dauerte auch die Debatte über eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen zwischen Israel und Syrien an. Scharon sagte am Montag, neue Gespräche mit Syrien kämen einer «Aufgabe der Golanhöhen» gleich. Nach israelischen Medienberichten sagte er vor dem parlamentarischen Ausschuss für Sicherheits- und Außenpolitik, Gespräche mit Syrien wären «nicht nur ein freundliches Treffen», sondern bedeuteten zwangsläufig eine Rückgabe des 1967 besetzten Gebietes. Oppositionsführer Schimon Peres (Arbeitspartei) sagte daraufhin, Scharon spreche über den Ausgang der Gespräche mit Syrien, um ihre Wiederaufnahme von vornherein zu verhindern. Der Abgeordnete Ran Cohen von der linksliberalen Meretz-Partei warf Scharon vor, er sei ein «Friedensverweigerer».

Der syrische Präsident Baschar el Assad dementierte in einem Interview der arabischen Zeitung «Al-Sharq Al-Awsat» vom Montag angebliche Geheimkontakte mit der israelischen Führung. Er erklärte seine Bereitschaft zu offiziellen Verhandlungen mit der Regierung Scharon. Gleichzeitig antwortete er jedoch auf die Frage, ob er einen Friedensschluss mit Israel unter der derzeitigen israelischen Regierung für möglich halte: «Die Europäer sagen uns, wir glauben nicht, dass es unter Scharon Frieden geben wird.»