1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Weltenbummler auf Stippvisite

Weltenbummler auf Stippvisite

Von Karina Blüthgen 19.10.2006, 17:05

Wittenberg/MZ. - Und Hardy Krüger genießt den Begrüßungsapplaus der 320 Zuhörer, mancher war extra aus Leipzig gekommen, im Piesteritzer Hof. Ein ausverkauftes Haus sieht er sicher nicht zum ersten Mal vor sich.

Er hat sich dazu entschieden, entgegen der Ankündigung nicht aus seinem neuen Buch "Zarte Blume Hoffnung" zu lesen. Der Weltenbummler packt "Szenen eines Clowns" aus, "ein Buch, geschrieben, um die Leute zum Lachen zu bringen", wie er sagt. "Denn wahres Lachen basiert immer auf einem ernsthaften Gedanken." Der eine oder andere im Saal mag in diesem Moment etwas enttäuscht sein, aber Krüger entschädigt mit unglaublichen Episoden aus seinem Leben, die wie ein Film an seinen Zuhörern vorbei ziehen.

Sinnlich beschreibt er Landschaft und Menschen in Ostafrika, wo er sich eine Farm aufbaute. Er malt mit Worten Szenen in den Raum und immer neue und neue, was bei seinem reichen Erfahrungsschatz kein Wunder ist. Krüger hält auf der Bühne fiktive Dialoge mit Menschen und Göttern, schlüpft als Schauspieler blitzschnell sprachlich in andere Rollen. Schafft Verbindungen binnen weniger Buchseiten, die nur das Leben, "der große Clown", herstellen kann. Etwa vom Mauerbau in Berlin, den Krüger 33-jährig erlebte, und der Frage, wie man einem gebürtigen Afrikaner erklärt, dass er ein Zäpfchen nehmen soll, damit seine Kopfschmerzen verschwinden.

Das Publikum, sein Publikum, lebt die Szenen mit. Sieht die DDR-Grenzer, die dem versehentlich in Schönefeld gelandeten Mann an mehreren Grenzübergängen ernsthaft erklärten, dass er hier "nich nübermachn" dürfe. Der Autor zeigt die Absurditäten deutsch-deutscher Geschichte und bekennt offen: "Eingefallen wäre mir als Autor so eine Szene nie." Hardy Krüger nennt die Großen der Leinwand mit Vornamen und und wirkt dennoch wie ein guter Bekannter, den man immer mal trifft. Später, auch nach über einer Stunde geduldigen Signierens seiner Bücher, wird er noch freundlich mit jedem einzelnen einige Worte wechseln.

"Ich kenne ihn eher als Schauspieler", sagt Waltraud Schulze, deren Mann sich in die große Schlange der Wartenden eingereiht hat. Ein wenig enttäuscht sei sie, weil er nicht das gelesen hat, was angekündigt worden war. Schön sei es dennoch gewesen. "Ich war das erste Mal bei einer Lesung mit ihm." Karin Kresin hingegen erinnert sich, dass Hardy Krüger vor einigen Jahren schon einmal in Wittenberg war und aus seinen Reisebüchern gelesen habe. "Damals habe ich mir das Weltenbummler-Buch gekauft", weiß sie noch.

Mit ebenso herzlichem Applaus wie bei der Begrüßung, nur länger, wird Hardy Krüger, der seine Frau Anita auf die Bühne holt, auch verabschiedet. Er genießt es sichtlich. "Wenn Sie so weiter machen, kann es Ihnen passieren, dass ich wiederkomme", droht er scherzhaft. Und weiß, dass die Menschen genau das von ihm erwarten.