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Kirchenmusikerin in Sangerhausen Kreiskantorin feiert 20-jähriges Dienstjubiläum - Was sie damals nach Sangerhausen verschlagen hat

Der Kirchenkreis und seine Kreiskantorin Martina Pohl feiern gemeinsames Jubiläum. Warum es die Musikerin einst von Berlin nach Sangerhausen verschlagen hat und was sie noch vorhat.

Von Grit Pommer 28.04.2024, 08:00
Martina Pohl vor der barocken Hildebrandt-Orgel in der St. Jacobi-Kirche in Sangerhausen.
Martina Pohl vor der barocken Hildebrandt-Orgel in der St. Jacobi-Kirche in Sangerhausen. (Foto: Klaus Winterfeld)

Sangerhausen/MZ. - Musik spielt in Gottesdiensten immer eine Rolle. Am Sonntag in St. Jacobi in Sangerhausen wird sie aber noch ein bisschen wichtiger sein. Denn dann wird ein Jubiläum begangen: Vor 20 Jahren hat Martina Pohl ihre Stelle als Kirchenmusikerin und Kreiskantorin in Sangerhausen angetreten. Das wollte die Gemeinde treffenderweise nicht sang- und klanglos vorübergehen lassen. Denn Pohl ist, das kann man ohne Übertreibung sagen, in Sangerhausen und der Region eine musikalische Instanz.

Entscheidung fiel auf Sangerhausen

Der künstlerische Anspruch war es auch, der 2004 ihre Wahl auf Sangerhausen fallen ließ, als sie sich bundesweit nach einer Stelle umsah. „Sangerhausen kannte ich noch von der Studienzeit her“, sagt die gebürtige Nebraerin, die bei Halberstadt aufwachsen ist und in Halle Kirchenmusik studiert hat.

Das Wichtigste: „Ich wusste, dass hier ’ne gute Orgel steht“, sagt Pohl und lacht. Die barocke Hildebrandt-Orgel in der St. Jacobi-Kirche war ihr ein Begriff und die Aussicht, mit der größten Selbstverständlichkeit an diesem Instrument zu arbeiten, verlockend.

Zudem war hier eine A-Stelle ausgeschrieben – also eine, bei der auch großer Wert auf die künstlerische Komponente gelegt wird. Nach ihrer ersten Anstellung in Brandenburg an der Havel war Pohl 1989 – dem Jahr, in dem ihr Sohn geboren wurde – nach Berlin gegangen, wo ihr Mann Domorganist im Berliner Dom war. Für die junge Musikerin indes fanden sich in der Folgezeit nur kleinere Stellen in Wedding und Tegel.

St. Jacobi Kirche Station der Johann Sebastian Bach Journey

Als ihr Mann in den Ruhestand ging, suchte Martina Pohl nach einer Vollzeitstelle. Und trat am 1. Mai vor 20 Jahren die Arbeit in Sangerhausen an. Einem Ort, wo Kirchenmusik einen großen Wert hatte und hat, wie sie feststellt.

„Eine ganz stabile Kantorei, der Posaunenchor – all das hat es damals schon gegeben“, sagt sie. Auch große Oratorien waren unter Kreiskantorin Hanne-Lore Friedrich schon aufgeführt worden. „Ich musste es nur fortführen.“

Pohl ging diese Aufgabe mit Freude und Tatkraft an und fügte dem Vorgefundenen neue Komponenten hinzu. So ist St. Jacobi mit seiner Hildebrandt-Orgel regelmäßig Station der Johann Sebastian Bach Journey des Londoner Veranstalters Randall Travel, bei der Musikliebhaber aus dem gesamten englischsprachigen Raum an authentischen Orten Bach hören.

Pohl spielt dann jedes Mal ein extra für die Reisegruppe gebuchtes Privatkonzert in der Kirche, in der sich Bach als 17-Jähriger als Organist beworben hat.

Traum erfüllt

Überhaupt, Johann Sebastian Bach. Befragt nach ihrem Lieblingskomponisten nennt Martina Pohl seinen Namen, ohne auch nur eine Sekunde nachdenken zu müssen. „Es gibt Bach und es gibt die anderen – für mich steht er über allen“, stellt sie fest. Sein Weihnachtsoratorium führt die Kantorei alle zwei Jahre auf. In diesem Jahr indes hat sich Pohl mit der Aufführung der Matthäus-Passion einen Traum erfüllt, den sie sich für ihr Berufsleben vorgenommen hatte.

„Ich habe das mit der Besteigung eines Achttausenders verglichen – man braucht die Vorbereitung und das richtige Team“, sagt Pohl. Einigen gelte die Matthäus-Passion als das großartigste Musikwerk überhaupt. Dass im März die Aufführung in Sangerhausen gelang, hat alle Mitwirkenden nachhaltig begeistert.

„Ich möchte die Orgel hier mehr ins Bewusstsein rücken“

An die 500 bis 600 Konzerte hat Pohl in den bisher 20 Jahren als Kreiskantorin gespielt, geleitet oder veranstaltet. Wie lange wird die heute 60-Jährige Sangerhausen noch erhalten bleiben? Auf jeden Fall mindestens bis 2028, denn dann feiert die Hildebrandt-Orgel in St. Jacobi ihren 300. Geburtstag.

Auch neue Ziele gibt es immer noch. „Ich möchte die Orgel hier mehr ins Bewusstsein rücken“, sagt Pohl, die eine Ausstellung zu Bach und Hildebrandt in St. Jacobi plant. Denn: „Hier im mitteldeutschen Umkreis graben uns Naumburg und Merseburg ganz schön das Wasser ab.“

Ein wöchentliches kurzes Orgelspiel in der Jacobikirche – Werbung dafür im Rosarium – das könnte Touristen aus dem Rosengarten in die Stadt locken und die Kirche mit ihrer wunderbaren Orgel bekannter machen.

Bei allen Plänen – jetzt steht erst mal die Feier des 20-jährigen Dienstjubiläums an. Natürlich im Rahmen des Gottesdienstes am Sonntag – mit Orgelspiel, Chor und Posaunenchor.